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Kategorie: Pressestelle

Spuren des Unrechts

Gedenkstätte in Wolfenbüttel erinnert an Befreiung von NS-Justiz

Kranzniederlegung in der JVA Wolfenbüttel: (v.l.) Renate Wagner-Redding, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Braunschweig, Michael Fürst, Präsident des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen, Prof. Dr. Gerhard Wegner, Niedersächsischer Landesbeauftragter gegen Antisemitismus. Foto: LK BS

Wolfenbüttel. Die Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel hat an die Befreiung des Strafgefängnisses von der menschenverachtenden Justiz des Nationalsozialismus am 11. April 1945 durch die US-Armee erinnert. In Wolfenbüttel stand das zentrale Gefängnis des Landes Braunschweig, in dem zwischen 1933 und 1945 politisch Andersdenkende, sozial und rassistisch Ausgegrenzte, Homosexuelle sowie Zeugen Jehovas inhaftiert waren. Mit Fortschreiten des Krieges stieg außerdem die Zahl ausländischer Widerstandskämpfer unter den Häftlingen. Viele starben aufgrund schlechter Haftbedingungen, 526 Männer und Frauen wurden hingerichtet.
Bei dem Festakt betonte Dr. Elke Gryglewski, Geschäftsführerin der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten, wie schnell staatliche Institutionen zu Instrumenten der Diktatur werden können. Deshalb sei es wichtig, wachsam zu sein, wenn Demokratie und Rechtsstaat angegriffen werden. Auch Ivica Lukanic, Bürgermeister der Stadt Wolfenbüttel, forderte dazu auf, Haltung zu zeigen gegen Rechtsextremismus und Nationalismus. Es gehe darum, mit Klarheit und Mut dem Hass zu widersprechen. Dabei sei ein aktives Erinnern an die Spuren des Unrechts und der Menschenverachtung entscheidend. Er lobte die Arbeit der Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel als Beitrag zu einer europäischen und transatlantischen Erinnerungskultur.
Auch Prof. Dr. Gerhard Wegner, Niedersächsischer Landesbeauftragter gegen Antisemitismus, unterstrich die Bedeutung eines resilienten Rechtsstaates und einer unabhängigen Justiz. Sie seien entscheidend, um Zivilisationsbrüche zu vermeiden. Das Kriegsende 1945 sei eine Befreiung von Tyrannei und Menschenverachtung gewesen. Und die norwegische Botschafterin in Deutschland, Laila Hilde Stenseng, sagte, es dürfe keinen Schlussstrich unter das Erinnern geben. Es gehe um Verantwortung für die europäische Werteordnung.
Nachfahren ehemals Inhaftierter aus mehreren europäischen Ländern machten deutlich, wie sehr ihre Familien bis heute unter dem Unrecht leiden, das ihren Angehörigen im Strafgefängnis Wolfenbüttel widerfahren ist. Gleichzeitig lobten auch sie die Arbeit der Gedenkstätte. Dadurch sei eine Auseinandersetzung mit ihrer Familiengeschichte möglich geworden.
Im Gedenken an die Inhaftierten und Getöteten im Strafgefängnis Wolfenbüttel legten Repräsentanten des öffentlichen Lebens und Angehörige der ehemals Inhaftierten Kränze und Blumen im früheren Hinrichtungsgebäude sowie auf dem Hauptfriedhof und dem Katholischen Friedhof in Wolfenbüttel nieder. Das Gedenken mündete in einen ökumenischen Gottesdienst in der katholischen St. Petrus Kirche.